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Es fühlt sich nicht an wie Urlaub

Urlaub hat für jeden sicherlich eine eigene Bedeutung. Für manche zählen dazu schicke Restaurants, gutes Essen, Party, tolle Hotels, etwas Sightseeing nebenbei, eine braune Haut, ein paar Urlaubsfotos und Souvenirs. 

 

Ich hatte zuletzt mit meinen Eltern einen solchen Urlaub - da war ich 12 Jahre alt. Seit ich 15 bin reise ich ohne Eltern, angefangen mit einer Jugendreise, und dann mit eigener Planung. Finanziell unterstützt haben mich meine Eltern meist erst nachdem ich das Geld zusammen hatte. Ich sollte vermutlich lernen mir mein Geld für meine Träume selbst zu erarbeiten. Und das hat definitiv nicht geschadet! Nur dadurch waren meine Urlaube definitiv keine Wellness-Hotel-Schicky-Micky Urlaube. Ich hatte schnell erkannt, wie viel ich arbeiten muss, um die Menge an Geld aufzubringen. Von da an hieß es ich gebe nicht mehr als 500€ pro Reise aus. (Weniger Geld pro Reise = mehr Reisen)

 

Anfangs galt das für eine 14-Tage Sprach-Reise in England. Allerdings waren die Kosten an die Organisation schon sehr hoch, sodass ich nur meine zusätzlichen Kosten unter 500€ halten konnte. Daraufhin ging es nach dem Abi nach Schottland für zwei Wochen, in der ich teilweise nur Nudeln und Tomatensuppe gegessen habe, um alle anderen Kosten zu kompensieren (Buskosten). Anschließend folgte eine 6 wöchige Amerika-Reise, die aufgrund meiner Verwandten dort schon viel Geld einsparte. Im Sommer darauf stand Irland auf meiner Liste:

 

Mit Rucksack und Zelt machte wir uns zu zweit auf den Weg. Noch nie habe ich mich so sehr für eine Reise gehasst. Low-Budget soll Spaß machen? Es hat geregnet, der Rucksack war viel zu schwer, ich hab gefroren und hatte schmerzende Füße. Füße - wohl eher Klötze am Bein so fühlten sie sich an. Es gab einen Moment im Urlaub, an dem ich saß nur noch heulend am Wanderweg saß und keinen Schritt mehr gehen wollte. Allerdings machte an dem Tag etwas in mir -Klick. Denn ich konnte danach wieder aufstehen, weitergehen und mein Zelt im nass, kalten Wetter aufstellen. Ich hatte erkannt, meistens liegen die Grenzen in uns. Für mich änderte das viel im Bezug zum Leben, generell schätze ich durch meine Reisen den Luxus zu Hause, aber der Gedanke ließ in mir etwas wachsen, ein Gefühl, dass ich zu allem in diesem Leben im Stande bin, wenn ich es nur will.

 

Danach ging es für 10 Tage mit dem Rad nach Holland. Dort konnte ich meine Kosten so weit senken, weil ich mit dem Rad durch das Land fuhr, meist kostenlos oder kostengünstiger unterkam und viel selbst kochte. Luxus war das definitiv nicht, teilweise mussten wir abends Schmerzmittel nehmen, da die Stadträder nicht geeignet waren, um damit eine Tour durch Nord-Holland zu machen und unser Hintern uns echt weh taten. Daraufhin besuchte ich über ein Wochenende London, versuchte Kosten zu sparen indem ich ein Zimmer ohne Fenster buchte. Dumm einfach dumm. Stickig, und schlechter Geruch. 

England -2012 

Schottland - 2013 

Ich sparte bis dahin auf allen Reisen immer am Komfort, Essen und den Möglichkeiten um von A nach B zu kommen. Wenn es ging bin ich gelaufen, Bus oder Metro zahlen war sehr seltene ein Option.

 

Anschließend ging es für einen Monat nach Frankreich. Ein kleiner Koffer reichte, ich wusste mit wenig auszukommen. Und ich schaffte es ohne Probleme bei meinen 500€ zu bleiben. Ich schlief bei einer Gastfamilie am Sofa, zwischen Hund und Katze, aber ich war glücklich, ich war auf Reisen. Und auf der Reise begann am Ende auch meine Couchsurfing-Phase. Durch Couchsurfing konnte ich in dem darauffolgenden Sommer für zwei Monate nach Amerika reisen, Vancouver, Hawaii, Nashville...vieles mehr. Und das alles sprengte nicht mein Budget, zwar waren es keine 500€ im Gesamten aber pro Monat, abzüglich der Inlandsflüge, kam ich damit hin.

 

Ich hatte mittlerweile meinen Fokus verschoben. Meine Gesundheit, gutes, selbst gekochtes Essen und ein Schlafplatz waren immer wichtiger. Alle anderen Reiseaspekte reduzierte ich auf ein Minimum. Mich interessierten immer weniger bekannte Orte, Restaurants oder Touren, die man buchen konnte. Das Reisen an sich, die Menschen auf dem Weg und die nicht planbaren Erlebnisse waren das was ich suchte.

 

Letztes Jahr ging für einen Monat nach Russland. Ich hatte die Freunde und Familie dort über Couchsurfing kennengelernt und konnte wirklich in die Kultur dort eintauchen. Wieso sollte ich einen Urlaub mit Hotels wollen? Einen Urlaub voller fremder Menschen, denen man nie nahe kam? Voller Bilder am Handy, aber keinem Fremdwort im Kopf? Souvenirs, waren für mich meine Erinnerungen, Momente die ich nie vergessen werde und nichts Materielles.

 

Allerdings fühlten sich all diese Reisen an wie eine Auszeit. Ich arbeitete das ganze Jahr auf diese Reisen hin, um mich dann dem zu widmen wofür ich brenne. Das Leben, so wie es ist: abenteuerlich, nicht vorhersehbar und atemberaubend schön. 

Diese Reise fühlt sich nicht an wie Urlaub. Sie fühlt sich noch nicht mal an wie eine Auszeit, sondern wie eine Fortsetzung meines Lebens. Und ich genieße das. Ich genieße das Gefühl, dass mein Leben tatsächlich ab sofort umgekehrt sein könnte. Mehr auf diese Art leben und nur eine Auszeit "Zuhause". Und dafür bin ich dankbar. 

 

Irland -2015

Holland - 2016

Frankreich - 2017


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